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DIE NACHT VON Dienstag, 8. März 2005
Fluchtgedanken.
girl, 00:22h
Beissend zieht der feuchtkalte Wind über die Bahngleise und wird durch den Kanaleffekt des Bahnsteigdaches sogar noch beschleunigt. Er trifft wie eine Faust ins Gesicht, durchdringt die Kleidung und bringt die Augen zum Tränen.
Im Zwanzigmeterabstand stehen die Wartenden und schauen schweigsam auf irgendeinen imaginären Punkt in der Ferne. Leise klacken alle paar Minuten die mechanischen Zählwerke der Fahrscheinentwerter und in der Ferne ist Verkehrslärm zu vernehmen.
Ansonsten ruhiges und banges Hoffen auf das baldige Eintreffen der sicherlich warmen S-Bahn. Nur das fortwährende, beherzte "Nasehochziehen" eines die famosen Möglichkeiten von Taschentüchern mißachtenden Wartenden für die Gegenrichtung durchbricht wenig charmant die Stille.
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Dämmerung
unreal, 23:02h
Es ist nicht so ganz klar, ob das hier die Sicht aus
meinem Büro am Morgen ist - oder am Abend. Es ist
einfach Dämmerung. Irgendeine.
Vielleicht bin ich zu früh hier, vielleicht ist es aber
auch schon zu spät, auf jeden Fall sollte ich noch
nicht hier sein. Oder nicht mehr.
Und so, wie die Muster der Zeit verschwimmen,
verschwimmt auch der Rhythmus des Lebens.
Werden manche Leute zu Nachtmenschen, andere zu
Tageswesen. Manchmal scheint die Trennung selbst
sich aufzulösen.
Ich für meinen Teil mache wohl gerade eine
Wandlung durch... von jemandem, der früher
eigentlich immer zu einer unchristlich frühen Zeit im
Büro war hin zu jemandem, der morgens nicht mehr
aus dem Bett kommt. Von jemandem, der das Licht
genossen und angebetet hat, hin zu jemandem, dem
es in den Augen brennt, dem es die Realität zu gut
ausleuchtet. Licht, dass Schatten auf meine
eXistenz wirft. Schrieb ich einst, dass das viele
Dunkel bei mir schon fast eine depressive Stimmung
bewirkt, genieße ich es im Moment. Lebe ich erst
Nachts richtig auf. Beginne ich den Tag zu einer
Stunde, in der andere ihn beenden.
Meine Abende werden länger, die Nächte kürzer. Was
ich an der Nacht so mag, ist ihr Undeutlichkeit. Man
sieht alles, aber nimmt vieles nicht wahr. Es
verschwimmt in einem Rausch aus Dunkelheit und
Kunstlicht...
Ich fahre durch die Straßen. Das Licht der Autos
blendet, die Ampeln leuchten fröhlich vor sich her
und es kehrt niemals wirklich völlige Dunkelheit in die
Stadt ein. Immer brennt irgendwo ein Licht, weist Dir
den Weg zu einem Punkt, an dem sich die Gestalten
der Nacht treffen.
Und so lebe ich mein Leben... ich irre umher in der
eigenen Dunkelheit... taste mich voran. Und immer
sehe ich irgendwo einen Punkt leuchten, der meine
Augen, meine Bewegung anzuziehen scheint, der
Vektor meiner Bewegung zeigt unausweichlich in
seine Richtung.
Nachts sind alle Katzen grau? Weit gefehlt, Nachts
ist längst nicht alles monochrom. Nur anders. Die
Farben, die man wahr nimmt, sind intensiver... sie
pulsieren. Wie das Leben, das in meinen Adern fließt.
Und so gleite ich durch die Nacht... lasse mich leiten
und verleiten. Tauche ein in das Pulsieren und lasse
mich gehen... treibe in eine Traumwelt aus gestern
und morgen, aus den Dingen die waren und Dinge die
vielleicht mal sein werden. Verleugne das hier und
jetzt. Lasse mich anstecken von der Melanchonie
des Moments und gebe mich ihr hin.
Bis der Morgen graut und ich erwache. In einer Welt,
in der ich nicht sein mag, in einen Rhythmus
gepresst, der nicht meiner ist... und so schleppe ich
mich durch den Tag, bin abgekämpft und kraftlos.
Bis der Abend kommt. Mit ihm die Dämmerung.
Mit ihr das Leben.
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500 km, 5h
donalphons, 06:25h
Sonntag Nacht sind die Strassen leer, die Lastwagen haben Pause, und die Polizei hat auch was Besseres zu tun, als an Radarkontrollen zu frieren.
Ausserdem hätten sie wenig Spass an mir. Ich fahre ziemlich langsam, das Rasen brauche ich nicht. Ich habe es früher mal gelernt, und ich weiss, dass ich es noch könnte, 250 vier Stunden lang wie früher, wenn mal schnell ein A8 überführt werden musste, aber das ist lang vorbei. Es gibt keinen Grund zu rasen, in dieser Nacht.
Sollten sie also knipsen, würden sie auf der Höhe der Auffahrt zur Aß vielleicht das fette Grinsen auf dem Bild haben, weil gerade the Clash läuft, aber nichts, womit sie Geld verdienen könnten.
Das Schöne am Fahren in der Nacht ist, dass ausser der Strasse nicht viel zu sehen ist. Es geht gerade und eben dahin, die kaputten Gegenden ringsum verlieren sich im Schwarz. Erst in Thüringen wird es hügelig, der erste Schnee fällt in kleinen, blitzenden Kristallen, als hätte jemand da oben im Thronsaal im Himmel die Kronleuchter zerschlagen.
Solche Gedanken sind ein Anzeichen für die Müdigkeit, die auf die Augen drückt. Also runter von der Autobahn, ein paar Minuten in Kälte und künstlichem Licht wandern, den grenzenlosen Winter da draussen in der Nacht hassen.
Dann weiter hinein nach Bayern, über die Hügel Frankens, vorbei an ein paar Orten mit mehr oder weniger schlechten Erinnerungen. Dann wieder konzentrieren, auf das letzte Stück, die letzte Kuppe hinaus, und dann liegt unten in der Tiefebene die Stadt, die man nie ganz los werden wird; die Stadt, in der alles begann, und den Ampelrythmus schlafwandlerisch bekannt ist.
Konstant durchfahren, dann in die Vorstadt, und die Petshop Boys singen von den Westend Girls, die hier längst nicht mehr wohnen, sondern woanders in Reihenhäusern den gerechten Schlaf der anstänndigen Leute schlafen, die nie mehr so spät heim kommen werden, und die Grenzgefühle nicht mehr kennen.
Ausserdem hätten sie wenig Spass an mir. Ich fahre ziemlich langsam, das Rasen brauche ich nicht. Ich habe es früher mal gelernt, und ich weiss, dass ich es noch könnte, 250 vier Stunden lang wie früher, wenn mal schnell ein A8 überführt werden musste, aber das ist lang vorbei. Es gibt keinen Grund zu rasen, in dieser Nacht.
Sollten sie also knipsen, würden sie auf der Höhe der Auffahrt zur Aß vielleicht das fette Grinsen auf dem Bild haben, weil gerade the Clash läuft, aber nichts, womit sie Geld verdienen könnten.
Das Schöne am Fahren in der Nacht ist, dass ausser der Strasse nicht viel zu sehen ist. Es geht gerade und eben dahin, die kaputten Gegenden ringsum verlieren sich im Schwarz. Erst in Thüringen wird es hügelig, der erste Schnee fällt in kleinen, blitzenden Kristallen, als hätte jemand da oben im Thronsaal im Himmel die Kronleuchter zerschlagen.
Solche Gedanken sind ein Anzeichen für die Müdigkeit, die auf die Augen drückt. Also runter von der Autobahn, ein paar Minuten in Kälte und künstlichem Licht wandern, den grenzenlosen Winter da draussen in der Nacht hassen.
Dann weiter hinein nach Bayern, über die Hügel Frankens, vorbei an ein paar Orten mit mehr oder weniger schlechten Erinnerungen. Dann wieder konzentrieren, auf das letzte Stück, die letzte Kuppe hinaus, und dann liegt unten in der Tiefebene die Stadt, die man nie ganz los werden wird; die Stadt, in der alles begann, und den Ampelrythmus schlafwandlerisch bekannt ist.
Konstant durchfahren, dann in die Vorstadt, und die Petshop Boys singen von den Westend Girls, die hier längst nicht mehr wohnen, sondern woanders in Reihenhäusern den gerechten Schlaf der anstänndigen Leute schlafen, die nie mehr so spät heim kommen werden, und die Grenzgefühle nicht mehr kennen.
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"Oh, nee, hier nicht rein!" (Teil 2)
ruben, 04:14h
>>Wer Teil 1 sagt, muß auch Teil 2 sagen:<< ;-)
Zielstrebig steuert H. jede halbwegs beleuchtete
Kneipe an.
In den meisten Fällen schreie ich laut auf:
"Oh, nee, hier nicht rein!"
Doch er besteht darauf.
"Ja, natürlich, was denkst du denn!
Ist doch ein klasse Laden."
Es gibt an so einem Abend nur "klasse Läden"!
So kommen wir nur langsam vorwärts.
Wenn wir dann wieder hier im Viertel sind,
müssen nur noch ein(!) Abschlußgetränk
in einem sogenannten Nachtlokal nehmen.
Auch darauf besteht H.
Er versteht sich so gut mit der Wirtin.
Aber dann ist erstmal alles wieder gut!
Und im Hintergrund läuft "Rejoice" von
Pharoah Sanders
Teil 1
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Märznacht
kathleen, 02:38h
Aus anderen Zeiten erinnert als südwindfeucht und wärmeschwer. Vorahnungsgesättigt. Herzklopfen, Aufregung, Vorfreude.
Heute und hier totenstill und schneeumweht. Heute Nacht liegt das Vergehen schwer auf den Schultern. Vor wenigen Tagen in ein weiteres Lebensjahrzehnt eingetreten, fühle ich heute Widerstand. Pfeif' drauf, ich fühl' mich nicht danach.
Hoffentlich gibt die Bar noch die Ingredenzien für einen trockenen Manhattan her...
Heute und hier totenstill und schneeumweht. Heute Nacht liegt das Vergehen schwer auf den Schultern. Vor wenigen Tagen in ein weiteres Lebensjahrzehnt eingetreten, fühle ich heute Widerstand. Pfeif' drauf, ich fühl' mich nicht danach.
Hoffentlich gibt die Bar noch die Ingredenzien für einen trockenen Manhattan her...
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Glück ohne Einsamkeit.
zaphodb, 01:41h
So, die letzten Powerpoints für die Präsentation morgen sind fertig. Wenn die es nicht rausreißen, hilft immer noch das Ladage&Oelke-Sakko. Das mögen meine Hamburger Kaufleute.
Und nebenan schläft meine Tochter. Endlich, 14- jährige können ja endlos diskutieren, lesen, surfen und Zeug hören, bei dem ich mir dann doch konservativ vorkomme. Trotzdem: mir geht es deutlich besser, als das Frau Modeste glaubt. Ohne Lebensidylle, aber mit Genuss: sogar meine Penne alla puttanesca finden inzwischen die Gnade der Nachwuchsprinzessin. Nur die Bedeutung des Namens kennt sie noch nicht.
Knäckebrot mit Vitam-R sollen gern andere essen :-)
Und nebenan schläft meine Tochter. Endlich, 14- jährige können ja endlos diskutieren, lesen, surfen und Zeug hören, bei dem ich mir dann doch konservativ vorkomme. Trotzdem: mir geht es deutlich besser, als das Frau Modeste glaubt. Ohne Lebensidylle, aber mit Genuss: sogar meine Penne alla puttanesca finden inzwischen die Gnade der Nachwuchsprinzessin. Nur die Bedeutung des Namens kennt sie noch nicht.
Knäckebrot mit Vitam-R sollen gern andere essen :-)
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die nacht
dergarfunkel, 01:31h
tief und fest wach ich allein
der schlaf scheint endlos ferne
so wie das heer der sterne
unerreichbar mir zu sein
schwarz und zäh schleppt sich die nacht
mich unaufhörlich windend
und keine ruhe findend
hat sie noch keine rast gebracht
die welt hat sich in schwarz gehüllt
und wird ganz spärlich nur erfüllt
von des mondes fahlem licht
oft gibt die nacht ersehnte ruh
und deckt des tages sorgen zu
meine heute jedoch nicht
der schlaf scheint endlos ferne
so wie das heer der sterne
unerreichbar mir zu sein
schwarz und zäh schleppt sich die nacht
mich unaufhörlich windend
und keine ruhe findend
hat sie noch keine rast gebracht
die welt hat sich in schwarz gehüllt
und wird ganz spärlich nur erfüllt
von des mondes fahlem licht
oft gibt die nacht ersehnte ruh
und deckt des tages sorgen zu
meine heute jedoch nicht
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