DIE NACHT VON Sonntag, 3. April 2005
alles klar
safari, 05:35h
wer sich die mühe machen will und diesen text liest, findet das dazugehörige lied (als legalen download) hier:
"the charlatans - alles klar"
heute nacht saß ich, wie in den meisten nächten, an meinem schreibtisch, an meinem computer, und flog durch die tiefen und untiefen des internets. das große zimmer einzig erleuchtet durch das schwache, blaue schimmern des bildschirms. es brannte kein licht, denn als ich versank war es noch hell draußen und es kam genug licht durch das große dachfenster über meinem
schreibtisch hinein.
der browser zeigt seiten fremder und eigener blogs, seiten mit fotographien und seiten, die die nachricht vom tod des pontifex in die welt tragen. ich komme hier und dort hin, bleibe hängen, schwimme weiter, immer auf der suche nach etwas um noch nicht schlafen zu gehen, das morgen noch etwas länger hinauszuschieben.
dieses eine lied läuft zum ungezählten male im repeatmodus über meine kopfhörer, es heißt "alles klar" und hat keinerlei text, na das sagt doch schon was aus. "alles klar", nein, es ist nicht alles klar. aber das lied, das mag ich. lieder ohne text hatten für mich schon immer was, vielleicht weil ich selbst ein mensch ohne viel text bin.
ohne recht zu wissen, wohin ich noch surfen soll klicke ich umher und bin mit den gedanken schon längst offline. meine blicke schweifen durch mein zimmer, bleiben hier und dort hängen, an stellen, die mit guten wie schlechten erinnerungen verlinkt sind. die zeit ist reif dieses zimmer endgültig zu verlassen, nur weiß ich nicht ob ich es bin.
mein blick bleibt haften an dem dachfenster über meinem schreibtisch. es ist eine klare nacht, man kann oben die sterne sehen und unten die paar lichter der stadt. ich stehe auf um direkt unter dem fenster zu stehen und blicke nach oben, so dass mein gesamtes blickfeld nur noch den nachthimmel erfasst, der mit der höhe dunkler und sternenreicher wird. ein gefühl der leichtigkeit ergreift mich, meine augen werden feucht.
ich öffne das fenster und nach den stunden in diesem zimmer strömt eine unglaublich frische und kühle luft herein, ich bekomme eine gänsehaut an den bloßen armen ohne zu frieren. den kopf im freien ziehe ich diese luft tief in meine lungen ein und spüre, wie sich die leichtigkeit ausbreitet, spüre wie sie aus meiner mitte kommend in die füße kriecht, in die arme, kribbelnd in den fingern ankommt.
ich giere nach mehr dieser frische, klettere auf den fenstersims. der kalte nachtwind bläst von links kommend über mein gesicht. leicht bin ich. oben leuchten die fernen sonnen. langsam klettere ich hinaus auf das steile dach, kann mich kaum halten. auf allen vieren erklimme ich die wenigen meter bis zum giebel, richte mich auf und blicke auf die stadt, die sich unter mir ausbreitet. ferne lichter aus fernen fenstern in denen ferne menschen sitzen, viele tausend.
über mir die nahen sterne klettere ich den letzten meter auf den kamin, aus dem keine wärme mehr aufsteigt. ich blicke hinauf, lasse den blick schweifen. ich bin so leicht.
der kühle wind greift mir unter die ausgestreckten arme, ich sehe an mir herab, stehe auf zehenspitzen, aber sie berühren den kamin schon nicht mehr. ein kleines abstoßen, nicht springen, abstoßen!, genügte. leicht lege ich mich in die brise und lasse mich tragen.
ohne gewicht steige ich höher, segle, selbst ein segel, durch die nacht. unter mir die straße, ich sehe eine gruppe lachender menschen ohne dass sie micht bemerkt. schwebend komme ich an einem hohen dachfirst vorbei, oben an der höchsten stelle sitzt eine katze und beobachtet dinge die ich nicht sehe. sie ist schwarz, natürlich, wie es nachts alle katzen sind. sie schaut mir kurz hinterher, lässt sich aber nicht von mir stören und beobachtet weiter.
ich schlage mit den armen, werde schneller und schwimme durch die luft, über die stadt hinweg. in ihrer mitte steht eine kirche, ihr turm ist das einzige gebäude, das noch höher ist als ich gerade fliege. ich blicke nach oben und bin schon dort, halte mich an der obersten spitze fest. ich frage mich, wann dieses metall das letzte mal von menschen berührt wurde.
in den leuchtenden tälern der straßen ist ruhe eingekehrt, ein einzelnes auto fährt dort drüben noch nach hause. ich kenne die straßen auch im dunklen, bin auf ihnen in den kindergarten gegangen, zur schule, zum zahnarzt, zu freunden und freundinnen. ein paar meter unter mir fliegt eine fledermaus durch die nacht, sie landet in einem der obersten kirchturmfenster.
ich schüttele kurz, unbewusst, den kopf und schaue senkrecht nach oben. diesmal stoße ich mich mit aller kraft von dem dach ab, nehme meine hände zu hilfe in dem ich mich zusätzlich an der wetterfahne hochziehe. der gegenwind rauscht mir in den ohren, so schnell fliege ich senkrecht nach oben davon. der kurze blick nach unten zeigt nur noch die leuchtenden umrisse der stadt, aber auch sie werden schnell kleiner. die luft wird kälter und ich schmecke die feuchtigkeit einer wolke auf den lippen, durch die ich hindurchgleite.
das rauschen in den ohren wird leiser, da kaum noch luft da ist, die es verursachen könnte. ich ziehe die arme hoch, mit den handflächen in flugrichtung, wie man es beim schwimmen tut wenn man schnell anhalten will. und ich bleibe stehen. unter mir erstreckt sich die riesige kugel der erde, ich sehe wie sie sich wölbt.
sie ist dunkel, abgesehen von den schwachen lichtern einiger großstädte. etwas entfernt sehe ich die tag-nacht-grenze, wie sich ein neuer tag langsam heranschiebt. doch das ist alles nicht mehr wichtig, meine ziele liegen woanders. darum reiße ich meine blicke von dieser welt los und blicke in die andere richtung: diese schwarze endlosigkeit, diese strahlenden sterne, die hier so viel überwältigender aussehen als von dort unten. welche geheimnisse mag dieser raum verbergen, die jede vorstellungskraft bei weitem überschreiten mögen? und was liegt hinter ihm? ich schließe die augen, sammle meine kräfte für das, was vor mir liegt.
als ich sie wieder öffne sehe ich noch immer die sterne. doch ich stehe unter diesem kleinem dachfenster in diesem kleinen haus in dieser kleinen stadt auf diesem kleinem runden ding.
ich seufze kurz, gehe zurück an den schreibtisch und schreibe auf was ich in dieser nacht alles erlebte.
"the charlatans - alles klar"
heute nacht saß ich, wie in den meisten nächten, an meinem schreibtisch, an meinem computer, und flog durch die tiefen und untiefen des internets. das große zimmer einzig erleuchtet durch das schwache, blaue schimmern des bildschirms. es brannte kein licht, denn als ich versank war es noch hell draußen und es kam genug licht durch das große dachfenster über meinem
schreibtisch hinein.
der browser zeigt seiten fremder und eigener blogs, seiten mit fotographien und seiten, die die nachricht vom tod des pontifex in die welt tragen. ich komme hier und dort hin, bleibe hängen, schwimme weiter, immer auf der suche nach etwas um noch nicht schlafen zu gehen, das morgen noch etwas länger hinauszuschieben.
dieses eine lied läuft zum ungezählten male im repeatmodus über meine kopfhörer, es heißt "alles klar" und hat keinerlei text, na das sagt doch schon was aus. "alles klar", nein, es ist nicht alles klar. aber das lied, das mag ich. lieder ohne text hatten für mich schon immer was, vielleicht weil ich selbst ein mensch ohne viel text bin.
ohne recht zu wissen, wohin ich noch surfen soll klicke ich umher und bin mit den gedanken schon längst offline. meine blicke schweifen durch mein zimmer, bleiben hier und dort hängen, an stellen, die mit guten wie schlechten erinnerungen verlinkt sind. die zeit ist reif dieses zimmer endgültig zu verlassen, nur weiß ich nicht ob ich es bin.
mein blick bleibt haften an dem dachfenster über meinem schreibtisch. es ist eine klare nacht, man kann oben die sterne sehen und unten die paar lichter der stadt. ich stehe auf um direkt unter dem fenster zu stehen und blicke nach oben, so dass mein gesamtes blickfeld nur noch den nachthimmel erfasst, der mit der höhe dunkler und sternenreicher wird. ein gefühl der leichtigkeit ergreift mich, meine augen werden feucht.
ich öffne das fenster und nach den stunden in diesem zimmer strömt eine unglaublich frische und kühle luft herein, ich bekomme eine gänsehaut an den bloßen armen ohne zu frieren. den kopf im freien ziehe ich diese luft tief in meine lungen ein und spüre, wie sich die leichtigkeit ausbreitet, spüre wie sie aus meiner mitte kommend in die füße kriecht, in die arme, kribbelnd in den fingern ankommt.
ich giere nach mehr dieser frische, klettere auf den fenstersims. der kalte nachtwind bläst von links kommend über mein gesicht. leicht bin ich. oben leuchten die fernen sonnen. langsam klettere ich hinaus auf das steile dach, kann mich kaum halten. auf allen vieren erklimme ich die wenigen meter bis zum giebel, richte mich auf und blicke auf die stadt, die sich unter mir ausbreitet. ferne lichter aus fernen fenstern in denen ferne menschen sitzen, viele tausend.
über mir die nahen sterne klettere ich den letzten meter auf den kamin, aus dem keine wärme mehr aufsteigt. ich blicke hinauf, lasse den blick schweifen. ich bin so leicht.
der kühle wind greift mir unter die ausgestreckten arme, ich sehe an mir herab, stehe auf zehenspitzen, aber sie berühren den kamin schon nicht mehr. ein kleines abstoßen, nicht springen, abstoßen!, genügte. leicht lege ich mich in die brise und lasse mich tragen.
ohne gewicht steige ich höher, segle, selbst ein segel, durch die nacht. unter mir die straße, ich sehe eine gruppe lachender menschen ohne dass sie micht bemerkt. schwebend komme ich an einem hohen dachfirst vorbei, oben an der höchsten stelle sitzt eine katze und beobachtet dinge die ich nicht sehe. sie ist schwarz, natürlich, wie es nachts alle katzen sind. sie schaut mir kurz hinterher, lässt sich aber nicht von mir stören und beobachtet weiter.
ich schlage mit den armen, werde schneller und schwimme durch die luft, über die stadt hinweg. in ihrer mitte steht eine kirche, ihr turm ist das einzige gebäude, das noch höher ist als ich gerade fliege. ich blicke nach oben und bin schon dort, halte mich an der obersten spitze fest. ich frage mich, wann dieses metall das letzte mal von menschen berührt wurde.
in den leuchtenden tälern der straßen ist ruhe eingekehrt, ein einzelnes auto fährt dort drüben noch nach hause. ich kenne die straßen auch im dunklen, bin auf ihnen in den kindergarten gegangen, zur schule, zum zahnarzt, zu freunden und freundinnen. ein paar meter unter mir fliegt eine fledermaus durch die nacht, sie landet in einem der obersten kirchturmfenster.
ich schüttele kurz, unbewusst, den kopf und schaue senkrecht nach oben. diesmal stoße ich mich mit aller kraft von dem dach ab, nehme meine hände zu hilfe in dem ich mich zusätzlich an der wetterfahne hochziehe. der gegenwind rauscht mir in den ohren, so schnell fliege ich senkrecht nach oben davon. der kurze blick nach unten zeigt nur noch die leuchtenden umrisse der stadt, aber auch sie werden schnell kleiner. die luft wird kälter und ich schmecke die feuchtigkeit einer wolke auf den lippen, durch die ich hindurchgleite.
das rauschen in den ohren wird leiser, da kaum noch luft da ist, die es verursachen könnte. ich ziehe die arme hoch, mit den handflächen in flugrichtung, wie man es beim schwimmen tut wenn man schnell anhalten will. und ich bleibe stehen. unter mir erstreckt sich die riesige kugel der erde, ich sehe wie sie sich wölbt.
sie ist dunkel, abgesehen von den schwachen lichtern einiger großstädte. etwas entfernt sehe ich die tag-nacht-grenze, wie sich ein neuer tag langsam heranschiebt. doch das ist alles nicht mehr wichtig, meine ziele liegen woanders. darum reiße ich meine blicke von dieser welt los und blicke in die andere richtung: diese schwarze endlosigkeit, diese strahlenden sterne, die hier so viel überwältigender aussehen als von dort unten. welche geheimnisse mag dieser raum verbergen, die jede vorstellungskraft bei weitem überschreiten mögen? und was liegt hinter ihm? ich schließe die augen, sammle meine kräfte für das, was vor mir liegt.
als ich sie wieder öffne sehe ich noch immer die sterne. doch ich stehe unter diesem kleinem dachfenster in diesem kleinen haus in dieser kleinen stadt auf diesem kleinem runden ding.
ich seufze kurz, gehe zurück an den schreibtisch und schreibe auf was ich in dieser nacht alles erlebte.
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